19. Mai 2022

Gedankenflieger-Praxis im Dialoghaus

Fortbildung mit Schwerpunkt Inklusion.

Schon der Einstieg in die zweitägige Gedankenflieger-Praxis am 29. und 30. April 2022 war eine philosophische Bereicherung: Alle Teilnehmenden wurden dazu eingeladen, aus einer Zeitungsseite eine Skulptur zu formen. Dazu stellte Eva Stollreiter, Philosophin und Leiterin des Teams Diversität im Erlebniszentrum FEZ in Berlin, die Frage: »Was wünschst du dir, damit heute ein guter Tag wird?« Schon nach kurzer Zeit gab es erste Ergebnisse des Zeitungsknüllens: Besteck, Schale, Ball, Strauß – ein Besteck für praktische Methoden und Handwerkszeug, eine Schale für Inhalte, die sich in einer Schale sammeln lassen, ein Ball für eine runde Sache und einen guten Anfang sowie ein Strauß, der zu einem Inspirations-Strauß werden möchte.

Dieser Einstieg führte sofort zum Thema der diesjährigen Fortbildung: Inklusion. Warum? Er war barrierefrei, zum Beispiel für Menschen, die nicht schreiben, bzw. sehen können.

Im weiteren Verlauf des Vormittags ging es um verschiedene Aspekte von Inklusion beim Philosophieren mit Kindern. Inwieweit kann zum Beispiel Philosophieren zu einem guten Leben mit Behinderung beitragen? Wie können sprachliche Hürden vermieden werden, z.B. durch die Verwendung von Icons, Zeichen, Satzanfängen? Ein Besuch der aktuellen Ausstellung »Mittendrin« im Dialoghaus veranschaulichte eindrücklich, welche Barrieren es für Menschen mit Einschränkungen im Alltag geben kann. Besonders spannend: Auch unsichtbare Einschränkungen wie Autoimmunerkrankungen oder psychische Belastungsstörungen wurden in den Fokus genommen. Und auf einmal konnte sich der Aspekt von gewissen Einschränkungen möglicherweise sogar im eigenen Alltag wiederfinden.

Natürlich spielten Bilderbücher bei unserer »Gedankenflieger«-Fortbildung eine zentrale Rolle. Deshalb schauten wir näher hin und prüften, welche philosophischen Fragen die Bücher jeweils mitbringen und tauschten uns aus, wie wir mit Kindern darüber ins Gespräch kommen können. Ein besonderes Highlight an diesem Fortbildungstag war das gemeinsame Philosophieren mit dem Buch »Goliath«, das Eva Stollreiter geschickt und überraschend anmoderiert hat. Wie dieser kräftige rote Geselle auf die Teilnehmerinnen gewirkt hat und welche Aspekte des Buches wir besonders unter die Lupe genommen haben, lesen Sie hier.

 

Zu Gast war auch die Hamburger Autorin und Illustratorin Birte Müller, die mit ihrem Buch »Planet Willi« kleinen und großen Menschen erhellende Einblicke in ihr Leben mit einem behinderten Kind gab: Auf Willis Planeten ist einiges anders als bei uns. Willi zeigt uns, was ihm wichtig ist, was er liebt und auch, was er nicht mag. Die Lesung hat Birte Müller mit Geräuschen und Musik, bzw. mit Gebärdensprache und Gesten unterstrichen. Im Gespräch erläuterte sie, warum mehr explizite Hinweise auf Inklusion wichtig sind (»Es ist wunderbar zu wissen, dass man bei einem Konzert willkommen ist, auch wenn das Kind Geräusche macht«) und wie wichtig der Blick auf jedes einzelne Individum ist (»Kennst du ein behindertes Kind, kennst du eins«.) So gelingt dann auch der Blick auf individuelle Stärken und Bedürfnisse.

 

Im abschließenden »Planetengleichnis«-Workshop loteten die Teilnehmenden aus, wie ihre Welt eigentlich aussehen müsste, um den eigenen Bedürfnissen zu entsprechen. Bin ich auf meinem Planeten richtig, so wie ich bin? Wissen andere, was meinen Planeten ausmacht? Aus einem riesigen Bastelfundus durften alle ihre eigenen Planeten entwerfen und gestalten, jede/r genau, wie er/sie ihn braucht. Dabei sind unglaublich fantastische und sehr individuelle Planeten entstanden – so verschieden, wie wir nun einmal alle sind.