23. Januar 2024

»Gedankenflieger« goes University!

Zu Besuch im Seminar »Philosophisches Kinder- und Jugendbuch« an der Universität Hamburg.

Im frisch renovierten Philosophenturm der Universität Hamburg über das Philosophieren mit Kindern nachzudenken, ist schon eine sehr besondere Gelegenheit. Und genau die durften unsere Projektleiterin Sarah Steidl und ich auf Einladung von Dr. Philipp Schmerheim wahrnehmen.

Am 10.01.2024 ging es 90 Minuten lang um die Möglichkeit, mit Kinder- und Jugendbüchern zum Philosophieren anzuregen, andere Denkräume zu öffnen und dies praxisnah für den Unterricht an Grundschulen aufzubereiten. Ein Gespräch zwischen philosophischer Theorie, Didaktik und philosophischer Praxis: Ein so sinnvolles wie leider auch seltenes Bestreben, dem wir in Zukunft mehr Raum geben wollen.

Alle Seiten profitieren ganz offensichtlich von diesem Austausch: Die Arbeit von »Gedankenflieger« lässt sich gesamtgesellschaftlich und in einem bildungspolitischen Zusammenhang verorten und auch inhaltlich kontextualisieren, der universitären Seite bieten wir empirisches Material und praxiserprobte Konzepte und Methoden, die gerade Lehramtsstudierende auch auf fächerübergreifende Themen und Herausforderungen in ihrem zukünftigen Berufsalltag vorbereiten können.

 

15 Seminarteilehmer*innen saßen gespannt im gemütlichen Seminarraum, gut versorgt mit Schokolade und Weintrauben. Die meisten von ihnen hatten bereits an der Onlinevorlesung zum Thema im Dezember teilgenommen und warteten neugierig und interessiert auf praktische Anregungen: Wie steigen wir in philosophische Themen ein? Welche Fragen lassen sich wie stellen? Und was brauchen wir dafür?

Unsere Eröffnung versuchte gleich darauf zu antworten: das 1000-Dinge-Glas bot fast 1000 Möglichkeiten für eine philosophische Vorstellungsrunde. Die unterschiedlichsten Gegenstände auf dem Boden ausgebreitet boten gedankliche Anlässe, um Verbindungen zum aktuellen »Gedankenflieger«-Thema »Zeit« zu knüpfen. Und die Lehramtsstudent*innen ließen sich nicht zweimal bitten – Zeit am Meer, gemessene Zeiten beim Zähneputzen, Zeit, die einfach verstreichen darf und Zeit, die gemeinsam mit der Großmutter in Erinnerungen festgehalten ist.

 

All diese Themen ließen schon nach wenigen Minuten die Gedanken fliegen. Daran schloss sich eine kurze Projektvorstellung an, das Ziel und die Motivation von »Gedankenflieger – Philosophieren mit Kindern«, ebenso wie die Möglichkeit, davon ausgehend eigene Konzepte und Unterrichtsmethoden weiterzuführen. Zum Beispiel anhand des »Gedankenflieger«-Magazins.

Jede*r Teilnehmer*in bekam ein eigenes Exemplar der gemeinsam mit der bpb (Bundeszentrale für politische Bildung) herausgegebenen Ausgabe zu den Themen »Freundschaft« und »Mut« ausgehändigt, und gemeinsam stiegen wir in die Arbeit am Bilderbuch ein – am Beispiel von »Roberta & Henry«, einer wunderbaren Geschichte über die Freundschaft, über das, was uns als Freunde auszeichnet und all das, was wir an uns mögen oder auch gerade nicht.

Nach einer kurzen Buchvorstellung ging es an die Arbeit im Magazin – welche Eigenschaften zeichnen mich aus? Was sagt mein Name über mich und fällt mir zu den Buchstaben meines Vornamens etwas ein, das nur mit mir zu tun hat? Eine vermeintlich leichte Übung und doch gar nicht so einfach. Erneut eine Übung, die uns ins Gespräch kommen ließ, wie es um die eigene Selbstwahrnehmung und -kenntnis eigentlich bestellt ist. Eine weitere Übung verlagerte die Ebene auf das Zweiergespräch: Was mag ich an Dir? Auch die Kunst des Komplimentemachens will gelernt sein – egal in welchem Alter.

 

Denn all diese Themen lassen sich nicht nur in Grundschulen bearbeiten, gerade »Freundschaft« und »Identität« bieten auch für ältere Kinder und Jugendliche ebenso zentrale Anknüpfungspunkte, um die eigene Lebenswelt zum Anlass für philosophische Fragen zu nehmen. Einen kurzen Ausflug in die Welt der Jugendlichen haben wir mit Hilfe des Buches »Wo bitte geht´s zum guten Leben?« unternommen – was haben Teebeutel mit Philosophie zu tun und von welchen Gegenständen und Themen aus lässt sich überhaupt wirklich philosophieren?

Eine Frage, die zum zweiten Praxisteil überleitete, in dem die Studierenden selbst ins Nachdenken kommen sollten: In Kleingruppen beschäftigten sie sich mit eigens ausgewählten weiteren Bilderbüchern und entwickelten Anknüpfungspunkte für die philosophische und kreative Arbeit mit der jeweiligen Geschichte.

Am Ende hätten wir noch so viel mehr Zeit mit all diesen Fragen, Antworten und Gedanken füllen können, aber auch hier gilt, dass es beim Philosophieren doch immer wieder darum geht, einen »Anfang« zu machen. Egal ob mit Kindern, Jugendlichen, Studierenden oder anderen Erwachsenen – und das scheint in diesem Fall tatsächlich gelungen zu sein.

 

Denn, das Gespräch soll weitergehen. »Gedankenflieger« geht an die Uni – wie großartig! So zum Beispiel im Sommersemester 2024; dann geht’s für ein projekteigenes Seminar an die Leuphana Universität Lüneburg. Wir freuen uns.

 

Dr. Ina Schmidt