9. Juni 2024

Erster offener »Gedankenflug«

in der Zentralbibliothek zur Europawahl.

Erstmals sind »Gedankenflieger« an der Zentralbibliothek in Hamburg zu Gast. Im Rahmen des offenen Sonntagsnachmittagsprogramms haben sich 22 Kinder im Alter zwischen 5 und 10 Jahren angemeldet, um am Tag der Europawahl mit uns zum Thema »Mut« zu philosophieren.

 

Einen besseren Einstieg könnte es kaum geben, denn das gemeinsame Philosophieren ermutigt, sich des eigenen Denkens bewusst zu werden, die eigenen Gedanken im Austausch mit anderen zu hinterfragen, zu argumentieren, zu diskutieren und Unterschiede im Denken nicht als Störfaktor, sondern als Herausforderung und Einladung zum Miteinander- und Weiterdenken anzunehmen – all das, was eine demokratisch gesinnte Gemeinschaft ausmacht.

 

Wie langweilig wäre es, wenn wir alle einer Meinung wären und es nur »falsche« oder »richtige« Gedanken gäbe. Viel spannender ist es, einander Fragen zu stellen, herauszufinden, was uns verbindet und zu diskutieren, wo wir Unterschiede feststellen.

Schon bei den ganz Kleinen lohnt es sich, solche Fragen zu stellen. Wenn wir gemeinsam darüber nachdenken, was »Mut« bedeutet, können auch sie schon aus einem kleinen Erfahrungsschatz schöpfen.

Ganz schön mutig ist es z.B., von einem Baum zu springen und vorher nicht zu wissen, ob man gut landet, findet Oscar (5 Jahre). Oder etwas zu essen, von dem man vorher nicht weiß, ob es schmeckt. Ob es sich lohnt, mutig zu sein? »Ja, sicher«, findet Helge (8 Jahre), »sonst entdeckt man ja nichts Neues.«

 

Das Bilderbuch »Spriedel« lädt mit dem Bilderbuchkino alle dazu ein, sich auf eine Geschichte einzulassen, einmal die Perspektive zu wechseln und sich zu fragen, wie es sich anfühlt, die angestammte Rolle zu verlassen.

 

Alle sind sich einig, dass fast jeder Vogel aus der Geschichte auf seine ganz eigene Art mutig war. Tilda (5 Jahre) findet die Taube sehr mutig, weil sie sich um Frieden bemüht und sich für andere einsetzt.

Tammo (7 Jahre) findet den Spatzen am mutigsten, weil er der erste ist, der sich etwas traut, und Jareed (9 Jahre) plädiert für die Krähe, weil es für sie am schwierigsten war, über den eigenen Schatten zu springen und die Fesseln ihres Selbstbildes mit einem »Yuppieh« zu sprengen.

 

Weil noch nicht alle Kinder lesen und schreiben können, aber Buntstifte lieben, malen wir auf der freien Seite unseres »Gedankenflieger«-Magazins unser eigenes Mutwesen.

Jareed, der lieber schreibt, beschreibt ein 18 Meter hohes Echsenwesen mit einer Schulterhöhe von 5,8 Metern und drei behornten Köpfen, Lisa (5 Jahre) malt ein kunterbuntes Kreiselwesen mit goldschimmernden Tarnflecken.

Tammo wird nicht ganz fertig, aber über seine Seite kriechen bereits grün schimmernde Klauen mit spitzen Krallen und Schwimmhäuten. Er kann schon ganz genau beschreiben, wie es weiter gehen wird …

Wie gut, dass alle Kinder das Magazin mit nach Hause nehmen können, um darin weiter ihre Gedanken und ihre Fantasie fliegen zu lassen.

 

Danke an die Zentralbibliothek für den schönen Auftakt!

 

Stefanie Segatz