18. Juni 2022

ÜberLand im Raum Salzgitter

mit Stefanie Segatz und Anne Jaspersen.

»Der Weg, den ich gehe, ist ein Teil von mir.«

(Huzeffe, 10 Jahre)

 

Dieser Satz ist einer von vielen, die uns begleiten, wenn wir gemeinsam über die Frage »Wer bin ich?« nachdenken. Mit insgesamt elf »Gedankenflügen« an vier Schulen erreichen wir im Raum Salzgitter fast 250 Kinder, die unterschiedlicher nicht sein könnten: im Tierkreiszeichen des roten Drachen geboren, mit armenischen Großeltern, russischen Wurzeln oder gerade erst frisch in Deutschland angekommen – da wird das Nachdenken über Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu einer lohnenden Herausforderung.

 

Unser »Gedankenflieger-Song« ist ein wunderbarer Einstieg, um gemeinsam zu überlegen, was das »Philosophieren« eigentlich ausmacht: aufmerksam sein (die Lampen anschalten) und über Fragen nachdenken, die nicht nur eine, sondern mehrere mögliche Antworten zulassen, wobei alle gleichberechtigt nebeneinander stehen dürfen. Besonders viel Spaß hat man natürlich, wenn es beim Denken keine Schranken gibt.

 

Spielerische Gedankenexperimente können ein wertvolles Mittel sein, um dem eigenen ICH noch ein bisschen mehr auf die Schliche zu kommen. Mit Tierhaarreifen und einem ICH/DU/WIR-Würfel erforschen und vergleichen wir zum Beispiel Eigenschaften, die wir auch Tieren zuordnen – gibt es Gemeinsamkeiten? Oder Unterschiede? Was ist typisch für mich, was denke ich über andere?

 

Auch Würfel mit überraschenden Fragen können die Gedanken nochmal in eine neue Richtung lenken. So antwortet zum Beispiel Laurin auf die Frage: »Was war der glücklichste Moment in deinem Leben?« »Der Tag, an dem meine Schwester geboren wurde.«

 

Mit Büchern im Gepäck, die wir innerhalb des Gedankenflieger-Teams passend zum Thema »Identität« ausgewählt haben, gehen wir mit den Kindern ins vertiefende Gespräch. Da ist zum Beispiel die Giraffe Roberta, die ihren langen Hals erst zu schätzen lernt, nachdem der kurzhalsige Henry (eine Schildkröte) ihr die Vorteile eines langen Halses näher bringt und am Ende zum Freund wird.

 

»Sie haben sich gegenseitig das Herz aufgemacht.«

(Sofie, 9 Jahre)

Oder die Geschichte vom bösen Kern, der aufgrund von schlechten Erfahrungen böse wird, sich jedoch später bewusst dazu entscheidet, wieder gut zu sein.

 

»Man kann seine eigenen Entscheidungen treffen und damit sein ganzes Leben ändern.«

(Sophie, 10 Jahre)

 

Ein Hund, der sich anders benimmt als sonst, wenn er mal allein zu Haus ist, lässt die Kinder überlegen, was sie tun würden, wenn sie unbeobachtet wären und welche Vor- und Nachteile so eine Situation mit sich bringen würde.

 

Nicht zuletzt fühlt sich Goliath im gleichnamigen Bilderbuch ausgegrenzt und aufgrund seiner riesenhaften Größe nirgendwo zugehörig, stellt aber irgendwann fest, dass er im Verhältnis zu Meer, Mond und Sonne gar nicht so groß ist, was sein Gefühl vom Anderssein relativiert.

 

»Elias ist körperlich klein, aber im Herzen ganz groß»

(Jack, 9 Jahre)

 

Und wenn am Ende ein roter Faden herumgereicht wird mit der Frage: »Was hast du aus unserem Gedankenflug mitgenommen?«, dann ist es schön zu hören, wenn Lennox sagt: »Als ich vorher den Zettel übers »Philosophieren« sah, hatte ich überhaupt keine Lust auf die Stunde, doch dann war es total toll!«

Und natürlich haben wir uns darüber gefreut, dass die Lehrerin »ihre« Kinder durch das »Philosophieren« plötzlich auf eine ganz neue Weise erlebt hat.

 

Herzlichen Dank an Frau Viering vom Literaturbüro im Fachdienst Kultur der Stadt Salzgitter für die tolle Organisation, an die lokalen Förderer der Braunschweigischen Sparkassenstiftung und an die Bundeszentrale für politische Bildung. Ohne diese großartige Unterstützung wäre so ein gewinnbringendes Projekt gar nicht möglich!

 

Stefanie Segatz und Anne Jaspersen